Sommer und Winter vereint

Zwischen Brisbane in Australien und Freising liegen nicht nur tausende Kilometer, sondern auch 9 Stunden Zeitunterschied und 36 Grad Temperaturunterschied. Kein Problem! Durch Videochat konnte ich mich über eine Stunde mit der australischen Profi-Triathletin Renee Kiley austauschen.

Durch das Charity-Gewinnspiel der PTO (Professional Triathletes Organisation) im Rahmen des Rennens in Daytona gewann ich ein Q&A mit der überaus sympathischen Profi-Triathletin Renee Kiley aus Australien und einen 200$ Gutschein ihres Ausrüsters Catfish.

Renee ist keine klassische Profisportlerin, die schon immer ihr sportliches Talent unter Beweis stellen konnte. Vor etwas mehr als sieben Jahren rauchte sie noch wie ein Schlot und brachte über 100 Kg auf die Waage. Im Gegensatz zu vielen anderen ehemals Übergewichtigen fand sie die Inspiration zum Sport nicht über das Abnehmen, sondern über den Sport selbst. Als einer ihrer Freunde einen Triathlon absolvierte, stand sie am Straßenrand und dachte sich danach, dass sie das auch mal erleben will. Nach ihrem ersten Triathlon hat sie Lunte gerochen und wollte mehr. Durch das Training purzelten die Pfunde von allein. Schnell stellte sie fest, dass schlechte Ernährung und das Rauchen für eine gute Leistung hinderlich sind. Für bessere Ergebnisse hörte sie mit dem Rauchen auf und stellte ihre Ernährung leistungsorientiert um. Ihre Leistung entwickelte sich so rasant, dass sie bereits 2015 als Altersklassenathletin auf Hawaii starten konnte. Nachdem sie 2016 erneut auf Big Island angetreten ist, löste sie 2017 die Profi-Lizenz. All diese Informationen sind auch auf ihrer Homepage (reneekiley.com) zu finden.

Um die Zeit mit ihr effektiv zu nutzen, habe ich mich natürlich im Vorfeld informiert. Dadurch konnte ich etwas mehr ins Detail mit ihr gehen. Was ich so in Erfahrung bringen konnte, lest ihr in den kommenden Zeilen.

Renee Kiley

Obwohl Renee in Bisbane lebt, wo es übers Jahr selten unter 20 Grad Celsius ist, mag sie kalte Rennen. Der Ironman Tallinn in Estland ist ihr Lieblingsrennen. Nicht nur wegen der klimatischen Bedingungen, sondern auch wegen des flachen Radkurses kombiniert mit dem Laufkurs, ist das Rennen auf ihre Stärken zugeschnitten. Als ich meine Lieblingsrennen genannt habe, war ich etwas überrascht, dass ihr sogar der Allgäu Triathlon ein Begriff ist. Auch wenn ihr die deutsche Aussprache nicht geläufig war, kannte sie das Rennen durch Els Visser, die zufälligerweise wie ich zuletzt 2019 dort am Start war. Der Challenge Roth ist auch für sie ein Rennen, was sie unbedingt mal machen will. Da sie gerne ihre Rennen in einem Neoprenanzug startet, hat sie bisher weder der Ironman Frankfurt noch der Ironman Hamburg gereizt. Letzterer ist bekanntlich wegen der Wasserqualität vom Datum her nun deutlich früher und macht einen Start unter Umständen doch attraktiv, weil der Radkurs sehr flach ist. Auch wenn sie den Kurs auf Big Island nicht schön findet, gehört der Ironman auf Hawaii zu ihren Lieblingsrennen wegen des besonderen Spirits – das habe ich schon häufiger gehört.

Renee ist eine Quereinsteigerin, was auch einer der Gründe ist, warum sie Laura Philipp sehr mag. Generell findet sie deutsche Triathleten sehr sympathisch. Vor allem die Athleten von Philipp Seipp haben es ihr angetan. Hervor gehoben hat sie bei den männlichen Athleten besonders Sebi Kienle. Seine offene, ehrliche und direkte Art kommt bei ihr sehr gut an. Auch ihr Aufeinandertreffen mit der s.g. Seipp-Squad in Daytona bestätigte dies. In diesem Zusammenhang kamen wir darauf, dass es für den Triathlon ein Alleinstellungsmerkmal ist, wie eng der Austausch unter Profis und Amateuren ist. Das findet man in kaum einer anderen Sportart und ist für beide Seiten sehr wertvoll.

Um genügend Energie für die großen und teils intensiven Trainingstage zu haben, dokumentiert sie jede Mahlzeit. Da sie einen harten Trainingstag hinter sich hatte, an dem sie über 5000 kcal verbrannt hat, war sie zum Zeitpunkt unseres Gesprächs immer noch 700 kcal im Defizit, was doch noch recht viel ist, wenn man bedenkt, dass es bei ihr schon Schlafenszeit war.

Geht es Renee mal nicht so gut, dann macht sie ganz konsequent Pause und scheut sich auch nicht eine Einheit mal abzubrechen. Konsistenz ist für sie im Langdistanztraining ein Schlüssel zum Erfolg. Da möchte sie keine Verletzung oder längere Krankheit riskieren. Im Vergleich zu vielen Athleten in ihrem Bekanntenkreis blieb sie daher größtenteils von Verletzungen verschont.

Renee sagt selbstbewusst, dass sie zu den stärksten Radfahrerinnen im Langdistanztriathlon gehört und mit einem Blick auf ihre vergangenen Rennen gibt es daran auch keine Zweifel. Ein Schlüssel darin sieht sie, dass sie viel Zeit im Training in Aero-Position verbringt. In Daytona, dem letzten großen Rennen, hatte sie als eine von wenigen Startern kaum Rückenprobleme nach dem Radfahren. Für sie ist es unverständlich, warum ihre Profikollegen so viel Zeit auf dem Rennrad verbringen. Schließlich wird im Rennen auch auf dem Triathlonrad – bevorzugt in Aeroposition – gefahren. Einer der Gründe, weshalb sie in gut besetzten Rennen noch nicht ganz vorne gelandet ist, ist ihre Laufleistung. Da Renee im Vergleich noch nicht lange im Laufsport aktiv ist und ihr Trainingsalter daher noch sehr jung ist, ist sie geduldig und arbeitet fokussiert daran schneller zu werden. Dabei ist es wichtig, dass sie die Leistung in den ersten beiden Disziplinen mindestens aufrechterhält. Für sie ist es keine Option langsamer Rad zu fahren, um dann schneller zu laufen. Gut das würde sie auch ihrer Stärke berauben.

Auf Grund der pandemischen Lage, hält sie einen Start dieses Jahr in Europa eher für schwierig. Daher ist ihr nächstes großes Ziel der Ironman Australien im Mai. Wenn es nach ihr geht, wird sie die erste Frau sein, die die Ziellinie überquert, denn sie möchte unbedingt in der Profikategorie einen Ironman gewinnen. Dafür trainiert sie sehr hart und freute sich am Ende unseres Gesprächs auf ihr Bett, um am nächsten Tag im Training wieder voll angreifen zu können.

Für mich war das Gespräch mit Renee extrem cool und entspannt. Wir werden in Kontakt bleiben und ich freue mich irgendwann mal mit ihr am Start zu stehen.

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